Am Samstag, den 14.12 beteiligten wir uns kreativ an einer Ausstellung von Kunststudent*innen auf dem ehemaligen Toom-Gelände in Oberbilk. Damit wollten wir eine Diskussion unter den Zwischennutzer*innen und Besucher*innen anregen. Mehrere Räume werden, solange der Investor das Gelände nicht verwerten kann, an eine Klasse von Kunststudent*innen vermietet. Zu ihrer ersten Ausstellung mit anschließender Party wollten wir die Frage in den Raum stellen, ob statt einer Zwischennutzung, von der hauptsächlich der Investor profitiert (keine langfristigen Räume für die Student*innen / kostenloses Marketing für den Investor / kulturelle Aufwertung der Immobilie und der Umgebung) eine langfristige Nutzung in Form einer Besetzung nicht nachhaltiger wäre.
Damit könnte ein Prozess in Gang gesetzt werden, in dem die Menschen aus dem Stadtteil entscheiden was aus dem Gelände wird. Und genügend Nutzer sollten sich auch in jedem Fall finden lassen: Denn in Düsseldorf fehlt es nicht nur Kunst und Kultur, sondern auch sozialen und politischen Initiativen an geeigneten und bezahlbaren Räumen.
Unsere Projektion und die verteilten Flyer, die wir hier dokumentieren, waren ein Schritt um darüber ins Gespräch zu kommen:
WILLKOMMEN IN OBERBILK
Das ehemalige Arbeiterviertel Oberbilk und sein Umfeld erfahren derzeit einen raschen Wandel: ob auf der Flügelstraße oder am Fürstenplatz, überall wird saniert und gebaut. Teilweise entstehen bereits jetzt luxuriöse Eigentumswohnungen, eine Wohnung in dem Neubau am ehemaligen Aldi-Gelände am Fürstenplatz wurde für eine Million Euro angeboten. Oberbilk gilt als Geheimtipp unter Investoren.
In dieses Bild passt auch die Cap Rate GmbH, Investor und Projektentwickler aus Düsseldorf, die das Gelände erworben hat auf dem wir uns gerade befinden. Was hier genau entstehen soll ist nicht bekannt, günstige Wohnungen werden es aber wohl genausowenig werden wie bezahlbare Ateliers.
Da ein solches Bauprojekt allerdings nicht in einer Nacht geplant wird, wurde ein Teil des Geländes zunächst zur künstlerischen Zwischennutzung freigegeben.SCHÖN HIER!
„Projektraum“ und „Zwischennutzung“ klingt erstmal super: die Stadt ist voller spannender Nischen, die geradezu danach schreien, bespielt zu werden und gerade als Musiker*in oder bildende Künstler*in in Düsseldorf sind dies oft auch die einzigen Orte, an denen man aktiv werden kann. Auf den ersten Blick spricht auch nichts dagegen, haben wir hier doch scheinbar eine klassische Win-Win-Situation: Künstler*innen können sich endlich einen Ausstellungsraum oder ein Atelier leisten, noch dazu in einem attraktiven Umfeld.
Der Besitzer oder Investor bekommt dafür kostenloses Marketing und kann sein Bauprojekt als kulturell und sozial engagiert verkaufen. Ärgerlich ist eigentlich nur, dass man sich nach einem halben Jahr immer wieder etwas Neues suchen muss, während die Marketingstrategie des Investors aufgegangen ist. Bei Licht betrachtet handelt es sich nämlich um ein sehr einseitiges Verhältnis: Künstler*innen bilden die Vorhut der Gentrifizierung, sie werten die Immobilie und das Viertel auf. Sie selber profitieren davon in den seltensten Fällen, denn ihr Einkommen steigt nicht relational mit den Mieten.WAS WÄRE ALSO, WENN WIR DIESMAL EINFACH HIER BLEIBEN WÜRDEN?
Was wäre, wenn ausnahmsweise mal die Menschen aus dem Viertel bestimmen würden, was hier passiert und nicht der mit dem meisten Geld?
DENN DIE STADT TUT… NICHTS.
Die Mieten in Düsseldorf sind extrem hoch. An bezahlbarem Wohnraum mangelt es genauso wie an bezahlbaren Proberäumen, Ateliers, Auftritts- und Ausstellungsmöglichkeiten. Die Stadt stellt sich gern als Kulturstadt dar, gefördert wird jedoch nur die Hochkultur, Subkultur hat im Kalkül der neoliberalen Stadtpolitiker allenfalls als Marketingelement einen Platz. Unabhängigen Kulturvereinen wird die Arbeit durch städtische Auflagen und den OSD erschwert, wo Leerstand aus öffentlicher Hand zu Verfügung gestanden hätte, wurde lieber an Privatinvestoren veräußert wie beispielsweise der Luxusbau am Hermannplatz.
BAUMÄRKTE BESETZTEN? SOWIESO!
Grund genug, den Regelübertritt zu organisieren! Es ist nicht einzusehen, dass nach einem halben Jahr Zwischennutzung Schluss sein soll. Kunst und Kultur, aber auch soziale und politische Initiativen brauchen Raum. Die Besetzung des Hamburger Gängeviertels 2009 ist ein Beispiel für Aneignung von unten und war von Anfang an politisches UND künstlerisches Projekt. Auch dieses Gelände hier ist riesig, viele unterschiedliche Nutzungen wären hier denkbar. Unsere Stadt ist ein Gemeingut, nehmen wir uns was uns sowieso gehört!
DIE STADT IST KEINE WARE!
KULTURELLE UND POLITISCHE FREIRÄUME SCHAFFEN UND ERHALTEN!