Tanzdemo im Verfassungsschutzbericht

Wir lassen uns nicht kriminalisieren!

Im August 2011 führte das Düsseldorfer Bündnis “Freiräume für Bewegung” die erste Tanzdemo Düsseldorfs durch. Mit hunderten Leuten wurde tanzend durch Düsseldorf gegen steigende Mieten, Gentrifizierung und Privatisierung von öffentlichem Raum demonstriert. Die Tanzdemo war ein voller Erfolg!

Nun wird die Tanzdemo kriminalisiert und erscheint im NRW Verfassungsschutzbericht.

Wir dokumentieren die Stellungnahme des Düsseldorfer Ratsherrn Frank Laubenburg:

Verfassungsschutzbericht greift Düsseldorfer Tanzdemo auf: Proteste gegen Mieterhöhungen und für ein Sozialticket verfassungsfeindlich?

Zur ausführlichen Erwähnung der vom Bündnis „Freiräume für Bewegung“ organisierten „Düsseldorfer Tanzdemo“ vom August 2011 im gestern vorgelegten NRW-Verfassungsschutzbericht des SPD-Innenministers Ralf Jäger erklärt Frank Laubenburg, Anmelder und Versammlungsleiter der seinerzeitigen Demonstration und Mitglied des Rates der Landeshauptstadt Düsseldorf:

Im gestern vorgelegten Bericht des nordrhein-westfälischen Geheimdienstes heißt es:

Am 20. August 2011 protestierten „Freiraum“-Aktivisten, die nur teilweise der autonomen Szene zuzurechnen sind, in den Düsseldorfer Stadtteilen Flingern, Oberbilk, Bilk und Friedrichstadt mit einer „Tanzdemo“ unter dem Motto „Reclaim the streets – Die Verhältnisse zum Tanzen bringen!“ gegen die Reglementierung und Überwachung des öffentlichen Raums, gegen steigende Mietpreise, die Verdrängung von Einkommensschwachen aus dem Stadtzentrum, für lebenswerte Stadtviertel sowie die Einführung eines Sozialtickets. Bis zuletzt wurde auf eine Anmeldung der Kundgebung verzichtet; erst auf Drängen der Polizei ließ sich ein verantwortlicher Veranstalter finden. Bei dem Aufzug wurde von zwei Lastkraftwagen Musik im Stil einer „Loveparade“ abgespielt. Im Verlauf kam es zu einer Auseinandersetzung, als beim Vorbeiziehen an einer Gastwirtschaft, in der eine Sportübertragung mit deutscher Beteiligung gezeigt wurde, der Ruf „Nie wieder Deutschland!“ skandiert wurde und sich darauf die Gäste und Kundgebungsteilnehmer gegenseitig mit Flaschen bewarfen, bis die Polizei einschritt. Die unerwartet hohe Beteiligung von über 500 Teilnehmern, die auch aus Köln und angrenzenden Städten angereist waren, wurde szeneintern als großer Mobilisierungserfolg angesehen.

Dazu ist festzustellen:

  1. Für die NRW-Landesregierung aus SPD und Grünen ist eine Demonstration gegen steigende Mietpreise, die Verdrängung von Einkommensschwachen aus dem Stadtzentrum, für lebenswerte Stadtviertel sowie die Einführung eines Sozialtickets bereits eine verfassungsfeindliche Aktion und vom Geheimdienst zu überwachen. Das zeigt zweierlei: zum einen haben auch SPD und Grüne Angst vor sozialen Protesten und zum anderen: SPD und Grüne stehen auf der anderen Seite. Soziale Kämpfe können eben nicht mit, sondern müssen auch gegen SPD und Grüne geführt werden, wie deren Zustimmung zum Fiskalpakt und die für NRW geplante „Schuldenbremse“ aktuell ebenfalls belegt.
  2. Versammlungen unter freiem Himmel sind grundgesetzlich geschützt, die Anmeldung vor Ort war von daher ein Entgegenkommen seitens der VeranstalterInnen. Den Geheimdienstlern und dem NRW-Innenminister empfehle ich einen kurzen Blick ins Grundgesetz. Im Verfassungsschutzbericht versuchen Innenminister und Geheimdienst einmal mehr, mittels schlichter, formaler (und dabei auch noch formal falscher) Argumentationen, gesellschaftlichen Proteste zu diskreditieren.
  3. Die Darstellung der vermeintlichen “Auseinandersetzung“ vor der Gaststätte im Geheimdienstbericht offenbart einmal mehr die vorhandenen Sympathien der GeheimdienstlerInnen für die rechte Szene. Von Personen – offensichtlich der rechten Szene angehörend – wurden aus einer Gaststätte heraus Flaschen und Gläsern auf DemonstrationsteilnehmerInnen geworfen. Das war (neben der versuchten Körperverletzung) ein strafbewehrter Verstoß gegen das Versammlungsgesetz nach §21 VersG. Unmittelbar vor Ort habe ich gegen die Person, der ich eine entsprechende Handlung konkret zuordnen konnte, Strafanzeige stellen wollen. Erst nach fünfmaliger Aufforderung durch mich war die Polizei überhaupt bereit, eine entsprechende Anzeige aufzunehmen. Wochen später wurde mir dann mitgeteilt, dass nunmehr gegen mich (!) aufgrund der von mir gestellten Anzeige wegen des Verdachts der „Vortäuschung einer Straftat“ ermittelt werde. Zu einer daraufhin von mir gestellten Dienstaufsichtsbeschwerde habe ich bis heute lediglich eine Eingangsbestätigung erhalten, aber keinen inhaltliche Stellungnahme der Polizeibehörden. Ist der Verfassungsschutz nun also auf meine ja angeblich vorgetäuschte Behauptung, es habe Flaschenwürfe auf die DemonstrantInnen gegeben, reingefallen? Oder ist es einfach nur weiterhin so, dass neonazistisches und rechtes Treiben von Polizei und Geheimdiensten oftmals gedeckt und unterstützt wird, gerade dann, wenn es sich gegen Migrantinnen und Linke richtet, und Polizei und Verfassungsschutz gegen Linke eben jede Mittel der Kriminalisierung recht ist?

Ich gehe davon aus, dass der Geheimdienstbericht seine bezweckte Wirkung – also Einschüchterung und Verunsicherung – nicht erreichen wird und sich auch weiterhin viele und sogar immer mehr Menschen gegen die Reglementierung und Überwachung des öffentlichen Raums, gegen steigende Mietpreise, die Verdrängung von Einkommensschwachen aus dem Stadtzentrum, für lebenswerte Stadtviertel sowie die Einführung eines Sozialtickets einsetzen werden – nicht nur in Düsseldorf.

Für Rückfragen steht Frank Laubenburg unter 0152 33 55 47 52 zur Verfügung.