Tanz den Verhältnissen! Euromayday Ruhr

Seit mehreren Jahren findet im Ruhrpott um den ersten Mai der Euromayday statt. Zu lauter Musik, mit Sprechblasen und bunten Interventionen ziehen hunderte Menschen durch die Stadt. Prekarisierung, Wohnraumproblematiken oder Verarmungsstrategien von oben werden ein Recht auf Stadt, die Idee des Gemeinguts und einer solidarischen Gesellschaft entgegengesetzt. Auch dieses Jahr hat sich wieder ein Vorbereitungskreis zusammengefunden. Wir sprachen mit Michael über die Idee des Euromaydays im Ruhrpott.

i furiosi: Kannst du allgemein was zur Idee des Euromayday sagen? Woher kommt dieser und was sind die Ziele?

Michael: Der erste Euromayday fand 2001 in Mailand statt. Ziel war es, am Tag der Arbeiterbewegung eine Plattform für diejenigen zu schaffen, die sich von den alten Institutionen nicht mehr vertreten fühlen – seien es Erwerbslose, die keinen Platz in den Gewerkschaften haben oder Künstler*innen, Selbstständige und solche, die im Niedriglohnsektor häufig unter prekären Bedingungen leben und arbeiten, aber nicht zur klassischen Klientel der großen Gewerkschaften gehören.

i furiosi: Warum und wann habt ihr euch entschlossen, den Euromayday auch in den Ruhrpott zu holen?

Michael: Die Idee entstand in der AG Kritische Kulturhauptstadt (http://k2010.blogsport.de), die sich mit den Entwicklungen der „Kulturindustrie“ als neues Heilsversprechen für die Wirtschaft im Ruhrgebiet auseinandergesetzt hat. Dort wurde unter anderem auch thematisiert, dass die Kulturhauptstadt vor allem an Leuchtturmprojekten interessiert war, während die vielen unabhängigen und eben prekär lebenden Künstler*innen kaum beachtet wurden. Aber auch darüber hinaus stieß es einigen sauer auf, dass – trotz der eher negativen Entwicklung der Beschäftigung im Ruhrgebiet – sich die Gewerkschaften am 1. Mai vor allen Dingen ums Würstchen-Essen gekümmert haben.

i furiosi: Was sind regionale Themen, die ihr im Euromayday aufgreift?

Michael: Es war von Beginn an ein Ziel, die prekären Lebensverhältnisse zu thematisieren, die nur wenig wahrgenommen werden. Wir haben etwa mehrfach mit Vertreterinnen von Sexarbeiterinnen-Initiativen gesprochen, die z.B. die Schließung des Straßenstrichs in Dortmund kritisiert haben. Oder wir haben versucht, eine Öffentlichkeit für die Probleme der Dortmunder Nordstadt zu schaffen, ohne die rassistischen Parolen der Parteien zu wiederholen.

i furiosi: Welche Initiativen und Gruppen beteiligen sich an den Vorbereitungen, und wie sind sie den Rest des Jahres aktiv?

Michael: Das wechselt von Jahr zu Jahr. Es gibt Engagierte aus dem sozialen Bereichen und von alternativen Zentren im Ruhrgebiet, Menschen, die sich viel mit antirassistischer und anti­faschistischer Arbeit beschäftigen, Leute vom Labournet, von Hilfsorganisationen oder auch Recht-Auf-Stadt-Initiativen.

i furiosi: Am 1. Mai finden in Dortmund und Duisburg Naziaufmärsche statt, wie verhaltet ihr euch dazu?

Michael: Wie auch im letzten Jahr verschieben wir den Euromayday um ein paar Tage auf das darauffolgende Wochenende. Es ist uns zwar wichtig, den Euromayday als Alternative zu den klassischen DGB-Demonstrationen zu erklären, aber wir möchten am 1. Mai vor allen Dingen ein Zeichen gegen Faschismus und Rassismus setzen. Der Euromayday soll eine fröhliche und bunte Parade sein. Wenn am anderen Ende der Stadt oder des Ruhrgebiets parallel Nazis marschieren, kann bei uns aber keine gute Stimmung aufkommen. Wir unterstützen stattdessen die Aufrufe zu den Gegenaktivitäten.

i furiosi: Unter welchem Motto oder Themenkomplex wird der diesjährige Euromayday stattfinden?

Michael: Im Mai sind Europaparlamentswahlen. Wir halten zwar nicht unbedingt viel vom (Brüsseler) Parlamentarismus, aber wollen die Gelegenheit nutzen und die prekären Situationen in Europa thematisieren. Dabei geht es uns um internationale Themen wie das brutale Verhalten an den europäischen Außengrenzen oder die dramatischen Verhältnissen in Griechenland, aber auch um lokale Auswirkungen etwa von Migration, die zu oft (siehe Duisburg und Dortmund) rassistisch kommentiert wird.

i furiosi: Vielen Dank für das Gespräch, wir sehen uns am 3. Mai auf der Straße!